Chinesische Schriftzeichen lernen
Chinesische Schriftzeichen und wie man sie sich merken kann*
Oft kennt man sie nur aus alten Filmen oder hat irgendwo einmal ein Buch mit chinesischen Zeichen darauf gesehen… oder man hat einfach mal das Etikett seiner neuen Sporthose aus Langeweile genauer betrachtet.
Wie auch immer man auf chinesische Zeichen gestoßen ist, man verbindet immer etwas Geheimnisvolles, Mysteriöses oder einfach etwas total Fremdes damit. Man kann sich nicht vorstellen, dass es auf der Welt noch über eine Milliarde Menschen gibt, die auf diese Art und Weise kommunizieren. Doch schaut man sich mal mehrere einzelne Zeichen genauer an, dann stellt man eine Logik fest…
Das geht doch auch ohne Zeichen!spa
Als ich mir das erste Mal überlegte Chinesisch zu lernen, schreckten mich die Zeichen so sehr ab, dass ich sie erstmal beiseite lies und nur über das Pinyin (die Lautschrift) Chinesisch lernte.
Doch nach einiger Zeit viel es mir schwer, mir weitere Wörter zu merken, weil einfach jedes zwanzigste Wort gleich klang. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich letztlich doch, es mal zu versuchen mit den Zeichen. Mit der heutigen Technik reicht es tatsächlich aus, dass man Zeichen auch nur erkennen/lesen kann.
Die Pinyin-Eingabe am Computer oder dem Handy übernimmt das Zeichnen für einen. Aber ich war und bin auch heute der Meinung, dass es einem leichter fällt sich Zeichen zu merken, wenn man sie auch per Hand schreiben kann.
Wo ist da die Logik im Zeichen?!
Zunächst habe ich nun ohne System versucht habe mir einige Zeichen zu merken, doch ich bemerkte gleich, dass es so unmöglich war (vorausgesetzt man hat nicht zu viel Zeit oder ein fotografisches Gedächtnis), was meiner schon geschwächten Motivation noch einen Dämpfer versetzte. Am Anfang meines Studiums hat man mir versucht zu zeigen, dass man teilweise auch heute noch erkennen kann, dass zum Beispiel das Zeichen für Frau/weiblich 女 in Urzeiten wirklich mal eine Frau darstellen sollte. Bei einigen Zeichen kann man sich das auch heute vielleicht noch vorstellen, aber sicher nicht bei jedem einzelnen.
Um ehrlich zu sein dachte ich, man möchte mich auf den Arm nehmen, als uns eine Lehrerin fragte, ob wir aus dem chinesischen Zeichen 象 nicht auch den Elefanten heraus sehen würden. Doch so langsam kam ich auf die richtige Spur.
Die Zeichen lassen sich in einzelne Bausteine unterteilen, einmal das Radikal und dazu meist noch mehrere einzelne Bausteine.
Nun kann man sich die Bedeutung der einzelnen Bausteine antrainieren und sie in anderen Zeichen wiedererkennen, was das Schreiben enorm erleichtert. (Zum Beispiel kommt das Zeichen 女 oft als Radikal oder Baustein vor.)
Außerdem sieht man recht schnell, welche Bausteine und Radikale öfter vorkommen als andere.
So machte mir das Zeichen Lernen sogar Spaß, weil ich die bekannten Radikale und Bausteine immer wieder fand und diese dann schon schreiben konnte.
Und wie merke ich mir das ganze Zeichen?
Das erscheint nun immer noch eine schwere Aufgabe.
Die vor allem am Anfang für mich beste Möglichkeit war, anhand der Einzelteile eine Geschichte für die Zeichen zu erfinden, sei sie noch so albern, unlogisch, unpassend… die Hauptsache war, dass ich es mir merken konnte.
Um ehrlich zu sein, je verrückter desto besser. Hier ein einfaches Beispiel: Nehmen wir das Zeichen 安, Sicherheit, Sicher. In dem Zeichen haben wir eine Frau die unter etwas ist wie einem Dach. Ist die Frau unter dem Dach, dann ist sie sicher. So einfach. Und das Zeichen habe ich nie wieder vergessen.
Wenn ich in Zukunft nun ein Zeichen gesehen habe, dass auch ein „Dach“ hat, hab ich mir am besten auch eine Geschichte mit einem Dach ausgedacht. Zum Beispiel 宝, Schatz, Juwel. Hier haben wir ein Dach und das unter dem Dach ist das Zeichen für Jade. Jade unter einem Dach versteckt, das ist ein Schatz. Wieder gemerkt.
So einfach. Dies sind zwar einfache Zeichen, aber das System funktionierte auch mit komplizierten Zeichen, dann muss die Geschichte nur länger sein.
Natürlich ist viel schreiben auch wichtig und auch das Wiederholen von Zeichen, aber ich habe viele meiner Kommilitonen gesehen, die neben mir saßen und die Zeichen hunderte Male schrieben, noch so schön und die sie sich trotzdem nicht merken konnten. „Ich schreibe sie einfach ab“, sagten sie mir. „Irgendwann bleiben sie schon hängen“. Aber ohne System habe ich gemerkt, bringt das viele Schreiben auch nichts.
Wird es irgendwann leichter?
Nach zwei Jahren Zeichen lernen ist mir noch eine Sache aufgefallen, die mich motivieren würde, wenn ich noch mal anfangen müsste.
Nach den ersten ca. 1000 Zeichen war es für mich nicht mehr nötig mir zu allen eine Geschichte zu überlegen und nach Methoden zu suchen um mir neue Wörter besser merken zu können.
Mittlerweile schaue ich mir ein Zeichen drei bis fünf Mal an und dann kann ich mir es schon merken.
Bei komplizierten Zeichen oder Zeichen die ich mir einfach nicht merken kann kommt es allerdings trotzdem mal vor, dass ich mir eine Geschichte ausdenke.
Wie war das gleich? Erst links, dann rechts?
Ein letzter wichtiger Tipp beim Schreiben lernen war für mich folgender: Auf jeden Fall EINE Strichreihenfolge merken.
Zu der „korrekten“ Strichreichenfolge gibt es genug Bücher, Apps und Infos online. Am Anfang erschien es auch für mich unnötig eine bestimmte Strichreihenfolge zu lernen, die Hauptsache ist doch, dass ich das Zeichen schreiben kann, oder? Ja, eigentlich schon, auch wenn jeder fortgeschrittene Sinologe leicht erkennt wenn die Strichreihenfolge falsch ist. Meine Lehrerin hat eine Sache gesagt, die mich überzeugt hat. Wenn ich mir mehr als eine Strichreihenfolge merke und ein Radikal oder Zeichen auf fünf verschiedene Weisen schreibe, dann merkt sich mein Gehirn auch fünf verschiedene Strichreihenfolgen dafür.
Lerne ich nur eine, dann prägt sich mein Gehirn diese eine Reihenfolge ein. Oft fehlt mir für ein Zeichen nur der erste Strich.
Fällt mir der erste Strich wieder ein, dann schreibt die Hand gefühlt automatisch weiter.
Jetzt kann ich das Zeichen schreiben, aber wie spreche ich das noch mal aus?
Irgendwann fiel mir auf, dass es Wörter gibt, deren Aussprache man an einem Teil im Zeichen erkennen kann.
So werden zum Beispiel mehrere Zeichen die diesen Bautstein besitzen 青 alle „qing“ ausgesprochen 请,清,情 (wenn auch in anderen Tönen).
Die linke Seite (das Radikal) zeigt dann die Bedeutung an. Das erste 请 hat zum Beispiel das Radikal für Sprechen auf der linken Seite, was mich darauf hinweist, dass das Zeichen etwas mit Sprechen zu tun haben muss. In diesem Fall heißt es bitten/fragen/einladen.
Die Aussprache erkenne ich am rechten Teil (dies ist tatsächlich bei vielen Wörtern der Fall).
Allerdings muss man leider trotzdem die Aussprache zu den einzelnen Zeichen mit Fleiß lernen, da das oben Beschriebene nicht immer der Fall ist und selbst wenn, dann wüsste man den Ton noch nicht. Also muss man leider immer die Dreiecksbeziehung Zeichen – Bedeutung – Aussprache lernen, was sich manchmal so anfühlt, als würde man noch eine dritte Sprache lernen.
Einen Gedanken zum Schluss
Als ich angefangen habe – okay ich bin ehrlich, als ich versucht habe – Bücher auf Chinesisch zu lesen ist mir ein großer Unterschied zwischen westlichen Sprachen und Sprachen wie Chinesisch, Japanisch… aufgefallen.
Beim Lesen habe ich immer versucht jedes Zeichen im Kopf auszusprechen, anstatt direkt an die Bedeutung des Zeichens zu denken.
Als ich einen Chinesen gefragt habe, ob er die Zeichen im Kopf ausspreche meinte er „Nein“. Wenn er normal spricht, hat er aber auch nicht die Zeichen im Kopf.
Bei unseren westlichen Sprachen sind Aussprache, Schrift und Bedeutung ganz anders verknüpft und während wir schreiben, lesen, sprechen oder zuhören, denken wir auch ganz anders. Ich denke das ist der Grund, warum es uns so schwer fällt Chinesisch zu lernen.
*Ich spreche in diesem Text hauptsächlich über die Kurzzeichen, die auf dem Festlandchina benutzt werden. Langzeichen sind die traditionelle Form dieser Zeichen, werden heute noch in Taiwan und Hongkong benutzt und man findet sie in den alten Schriften. Viele Zeichen hat man nicht vereinfacht, weshalb Kurz- und Langzeichen oft gleich sind (zum Beispiel: 是,我,你,他…). Die Lernmethoden funktionieren für beide Typen.